Nicht weit von Buchenau stand das hohe Schloß Holende. Der letzte Ritter, der es bewohnte, war ein arger Leutschinder und Störenfried, der keinen seiner Burgnachbarn in Ruhe lassen konnte. Drum taten sich die Geschädigten zusammen und belagerten den alten Raubfuchs in seinem starken Bau.
Nach langem, heißen Streit vermochte sich die Feste nicht länger mehr zu halten. Da raffte der geizige Holendritter all sein Geld zusammen und stürzte sich mit dem Schatz in den Brunnen zum Fuß des Burgberges.
Sonntagskinder sahen ihn noch vor hundert Jahren schwer gepanzert in die Höhe steigen, wie er mit glühenden Augen seinen Reichtum bewachte.
Einigen Bauern, die damals den Schatz heben wollten, gelang es nicht, denn immer wieder sank er in die Tiefe zurück.
Einmal gingen zwei Männer in die Holendwiesen. Dort sahen sie ein Ritterfläulein in kostbaren Gewande spazierengehen. Sie versteckten sich hinter einem Busch und beobachteten die luftige Erscheinung längere Zeit. Das Fräulein hatte ein Körbchen am Arm, aus dem es hin und wieder etwas auf die Erde zu streuen schien. Als es weggegangen war, eilten die beiden herzu und funden im Gras rostige Schlüssel und Weizenkörner. Da sagte der eine: "Was soll ich mit dem Plunder? Wenn das Ritterfläulein weiter nichts zu verschenken hat, dann mag es bleiben, wo es ist."
Der andere nahm die Schlüssel und Körner sorgfältig mit nach Hause. Wie erfreut war er, als sie sich am anderen Morgen in eitel Gold verwandelt hatten!
Er wurde dadurch zum reichsten Mann des Dorfes. Viele wollten nochmals ebenfalls ihr Glück auf den Holendewiesen versuchen; doch das Ritterfräulein war und blieb verschwunden.