Am 23. Juli 1717 wurde Biedenkopf von einer der verheerendsten Katastrophen seiner Geschichte heimgesucht. Während viele Bürger auf dem Battenberger Markt weilten, breitete sich ein Feuer in der Stadt aus – mit einer Geschwindigkeit und Wucht, die alles bisher Dagewesene übertraf. Innerhalb weniger Stunden war ein Großteil der Stadt zerstört.
Ein Feuer von dramatischem Ausmaß
Das Unglück begann an einem Mittwochvormittag im Haus eines Oberstädters. Die genauen Umstände sind unbekannt, doch das Feuer griff schnell auf Nachbargebäude über. Die beengte Bauweise und strohgedeckten Dächer der Zeit begünstigten die rasante Ausbreitung. Bald stand die Unterstadt, der Markt und die Oberstadt bis zum Hainstraßentor in Flammen. Selbst das Rathaus, die Kirche, das Schulhaus und das Hospital wurden nicht verschont.
Zeitgenössische Berichte sprechen von großem Elend und Verzweiflung. Der Mangel an Löschwasser und die geringe Präsenz der Einwohner – viele waren auf dem Markt in Battenberg – verschärften die Lage zusätzlich.
Schadensbilanz
Kategorie | Anzahl |
---|---|
Zerstörte Häuser | 90 |
Zerstörte Scheunen | 57 |
Erhaltene Häuser | 10 |
Insgesamt wurden 147 Gebäude vernichtet. Nur rund zehn Häuser blieben verschont. Ein Mensch kam ums Leben, was angesichts des Ausmaßes beinahe erstaunlich ist.
Hilfe vom Landesherrn
Bereits wenige Tage nach dem Brand wandte sich der Biedenkopfer Stadtrat mit einer eindringlichen Bitte an den Landesherrn. In einem offiziellen Bericht an die Hessische Regierung vom 29. Juli 1717 wurde das Ausmaß der Katastrophe dokumentiert. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Eine fürstliche Unterstützung in Form von Bauholz wurde gewährt – ein bedeutender Beitrag zum Wiederaufbau.
Fürstliche Hilfsgabe
Art der Hilfe | Anzahl |
---|---|
Eichen | 870 |
Buchen | 1000 |
Schon am 24. Januar 1718 bestätigt der Oberamtmeister den Empfang dieser Holzlieferung. Am 5. April 1718 begannen schließlich die Kommissionen mit den ersten Planungen und Arbeiten zum Wiederaufbau.
Folgen für die Stadtentwicklung
Der Brand von 1717 prägte das Stadtbild von Biedenkopf bis heute. Viele der heutigen Fachwerkhäuser stammen aus den Jahren 1718 bis 1720 – sie sind nicht selten an Balkeninschriften erkennbar. Diese Gebäude wurden oft größer und robuster gebaut als ihre Vorgänger, meist in für die Zeit typischer barocker Formensprache.
Der Wiederaufbau war nicht nur baulich, sondern auch sozial von Bedeutung: Eine neue Struktur entstand, unterstützt durch überregionale Hilfe und getragen vom Durchhaltevermögen der Bevölkerung.
Quellen
- Hans-Günther Möntnich: „Der große Brand im Jahre 1717“, in: Geschichte und Geschichten unserer Stadt, Band 1, S. 217–219
- Ortssgeschichte der Stadt Biedenkopf, 1909, Anlage 3
- Ortssgeschichte der Stadt Biedenkopf, 1909, II. Geschichtliches